Die Nachfahren der Exakta gliedern sich, um es mal in der Ahnenforschungssprache auszudrücken, in drei nicht miteinander verwandte Zweige. Die Ursachen für die Auflösung des Traditionsunternehmens Ihagee Dresden in den 1970er Jahren finden sich bereits vor dem 2. WK und in der darauf folgenden deutschen Zweistaatlichkeit. Das Nazi Regime beschlagnahmte 1942 das Werk als feindliches Eigentum. Unmittelbar nach Kriegsende sicherte dies zwar zunächst noch die rechtliche Existenz des in der Dresdner Bombennacht Anfang 1944 weitgehend zerstörten Betriebes vor allzu weitgehenden Ansprüchen sowjetischer Besatzungstruppen. Doch 1951 stellte die DDR-Regierung das Werk dennoch unter staatliche Verwaltung. Es wurde in Ihagee AG i.V. umbenannt und der VEB Optik als Treuhänder bestellt. Nur formalrechtlich blieb es noch selbständig. Ihagee-Gründer Johan Steenbergen beanspruchte sein Unternehmen zurück – vergeblich, obwohl er gerichtliche Erfolge verzeichnen konnte. 1959 beschlossen die Aktionäre, den Ihagee-Firmensitz von Dresden nach Frankfurt /M. zu verlegen. Dort wurde 1960 die Ihagee Kamerawerk AG gegründet und ein Jahr darauf Klage um die Namens- und Patentrechte an der Exakta erhoben.


Nach dem gewonnenen Rechtsstreit um die Namensrechte führte die Ihagee WEST das bisherige Ihagee-Warenzeichen (Bild links). Das Dresdner Werk musste sich ein neues Warenzeichen einfallen lassen, konnte aber zunächst noch auf den Namen "EXAKTA" zurückgreifen (Bild rechts). Später durfte auch dieser nicht mehr uneingeschränkt verwendet werden und wurde durch "aus DRESDEN" ersetzt.
Dem ostdeutschen Zweig in Dresden gingen Ende der 1960er Jahre die Namensrechte an den alten Ihagee-Namen nach jahrelangen Rechtsstreitigkeiten endgültig an die Ihagee West verloren. Die Ost-Ihagee kreierte darauf eigene Namensschöpfungen – ELBAFLEX, ELBINA, VX1000, VX500, aus DRESDEN unter denen die Exakta zeitweilig auch im Westen vertrieben werden konnte. Die ursprünglichen Namen waren nur noch im "Ostblock", in der DDR oder bei Grauimporten zu finden. Obwohl die Exa – als Neuschöpfung der DDR-Ära – von dem Namensstreit nicht betroffen war, wurde auch sie in das veränderte Namensgefüge einbezogen; VX100 und VX200 hießen sie zeitweilig. Nachdem bereits 1964 die Entwicklungsabteilung dem VEB Pentacon unterstellt wurde, folgte 1968 auch der Vertrieb. 1970 wurde die Ihagee „vertraglich“ an den VEB Pentacon gebunden. 1971 kam dann das Aus für die klassischen Exakta-Kameras aus Dresden - der Ihagee-Geschäftsbetrieb wurde gänzlich eingestellt.
Der VEB Pentacon bot bereits 1969 - noch zu Lebzeiten der klassischen Exakta - eine Variante der neuentwickelten Praktica LLC auch als Exakta RTL1000 an. Dabei durfte auch bei dieser Kamera der Namenszusatz "EXAKTA" nur innerhalb des damaligen sowjetischen Machtbereichs verwendet werden. Exporte in das westliche Ausland hießen schlichtweg "RTL 1000". Doch hatte diese Konstruktion mit der alten Exakta nicht mehr viel gemein. Es wurde lediglich der M42-Anschluss des Schwestermodells gegen ein Exakta-Bajonett ausgewechselt. Immerhin erhielt das Bajonett damit eine Innenblendenauslösung. Zusätzlich zum Auslöseknopf der Praktica spendierte man der RTL1000 noch einen Linksauslöser für die Exakta-Automatikobjektive mit Auslöserarm. Dazu ist jedoch ein Zwischenstück erforderlich (fehlt oft). Auch Wechselsucher wurden angeboten, jedoch in Form einer Neukonstruktion. Damit sind die Suchereinsätze nicht mit der klassischen Exakta kompatibel.
Die RTL1000 wurde nur ein mittelmäßiger Erfolg und nach 3 Produktionsjahren eingestellt. Es gab keinen Nachfolger mehr. Lediglich die Exa Ia wurde noch bis Mai 1977 produziert und dann von den auf M42-Objektivanschluss umgerüsteten Modellen Ib und Ic abgelöst, die es noch bis 1987 zu kaufen gab.
Der westdeutsche Zweig in Gestalt der Ihagee WEST stellt sich gleichfalls nicht als Erfolgsgeschichte dar. Schien der Start mit dem gewonnenen Rechtsstreit um die Exakta-Namensrechte noch erfolgversprechend, wollte es mit eigenen Produkten nicht so recht weitergehen. Die Frankfurter „West“-Ihagee verlegte 1963 ihren Sitz nach München, firmierte dort ein paar bedeutungslose Jahre als Ihagee-Exakta Photo AG und verschmolz mit der 1967 aus dem Verkaufsbüro Westberlin hervorgegangenen Ihagee AG (West).

Sie versuchte sich an einer völlig neukonstruierten Exakta. Das Konzept dieser Exakta real war durchaus stimmig – Wechselsucher, größeres Bajonett und TTL-Belichtungsmessung. Als Zugeständnis an die Eigner älterer Objektive gab es zwei Auslöser, diese lassen sich über den sogenannten „Ost/West-Adapter“ anschließen. Doch die Exakta real überlebte das Startjahr 1966 nicht - nur etwa 1000 Kameras fanden einen Käufer. Die geplante TTL-Belichtungssteuerung fehlte beim Start und der Verkaufspreis von knapp 1000 DM war für das Gebotene zu hoch. In der Folge verlegte sich Ihagee-West auf den Vertrieb von in Japan gefertigten Kameras. Die Exakta twin TL (1970-1974) verwendete das größere Bajonett der Exakta real und bot gleichfalls zwei Auslöser. Dank integrierter TTL-Messung verkaufte sie sich besser, war aber gegenüber der Canon-/Minolta-/Olympus-Konkurrenz usw. zu kompliziert und zu schwer. Noch ein paar Jahre überlebte man mit Auftragsfertigungen, Exakta TL 500, TL 1000, FE 2000, Exa 35 unter dem Ihagee WEST-Label. Doch dann war auch hier Schluss, 1976 musste Konkurs angemeldet werden.
Der dritte Erbfolgezweig hatte dann nur noch den Namen mit der klassischen Exakta gemein. Nach dem Konkurs der Ihagee WEST wurde der Markenname Exakta von japanischen Herstellern weiter benutzt. So produzierte Topcon 1977-1979 die Exakta EDX 2 und die Exakta EDX 3, immerhin mit Exakta-Bajonett und Topcon RE-Blendenkupplung. Die 1979 folgende Exakta KE4 von Topcon verwendete jedoch das verbreitete Pentax K-Bajonett. Weitere Kleinbildkameras unter dem Exakta-Label brachte dann Cosina in den Jahren 1983-1988 als Exakta HS-1, HS-2, HS-3, HS-4, HS-10 und HS-40 heraus. Auch hier wurde das Pentax K- und nicht mehr das Exakta-Bajonett eingesetzt. Die Kameras dieser Reihe unterscheiden sich nur geringfügig, sie waren seinerzeit eher im Preiswert-Segment zu finden. Lediglich die HS-3 - ein wenig auf "Luxus" getrimmt - konnte vor allem in den USA gute Verkaufsergebnisse vorzeigen.
Im Jahr 1982 kaufte die Miranda Foto Video GmbH in Nürnberg den Namen Exakta. Heinrich Manderman (u.a. Schneider Kreuznach), der auch an dem Berliner Vertrieb für DDR-Produkte BEROFLEX beteiligt war, übernahm diese Namensrechte und bot 1984 eine weiterentwickelte Pentacon Six als neuerstandene Exakta 66 an. Diese wurde auch von der zum Manderman-Konzern gehörenden EXAKTA FOTO AG, Zürich vertrieben. Die EXAKTA-Technik in Erftstadt-Liblar, zunächst technischer Vertrieb der Ihagee WEST gründete sich um 1990 als Exakta KG am Niederrhein und übernahm 1998 die wiederauferstandene Pentacon GmbH in Dresden. Exakta-Erzeugnisse sind also seit den 1980er Jahren unter verschiedenen Vertriebsadressen zu finden; keines dieser Unternehmen hat jedoch selbst Exakta-Kleinbildkameras gebaut. Nur die EXAKTA 66 wurde vorübergehend in der von Manderman 1986 in Berlin neugegründeten Exakta AG gefertigt.
Die später noch unter dem Namen EXAKTA vertriebenen Produkte - vornehmlich Objektive, aber auch diverse Kompaktkameras - stammen meist aus Korea oder China. Diese Geräte finden Sie hier nicht. Hier möchte ich die Exakta-SLR-Kameras vorstellen, die unter der Regie der Ihagee WEST und in den Jahren nach deren Konkurs in Japan hergestellt und in den 1970/80er Jahren noch unter dem Namen EXAKTA vertrieben worden sind. Die RTL1000 aus DRESDEN finden Sie in einer eigenen Rubrik.




Außerdem gibt es noch baugleiche Kameras der Schweizer Handelskette CARENA (carena MSTL) sowie als BELL & HOWELL TT LII und CAVALIER MSTL. Es ist durchaus möglich, dass noch weitere dieser Kameras als Haus- oder Vertriebsmarken existieren.Einen amüsant zu lesenden "Vergleichstest" zwischen einer RTL1000 und einer EXAKTA TWIN TL schrieb Alexander Borell 1971 im FotoMagazin unter seinem Pseudonym "Nörgelmann". Ein kleiner Auszug: "Kennen Sie den Unterschied zwischen einem Paar Wiener Würstchen? Nicht? - sie sind beide gleich lang, besonders das eine. Und damit haben Sie auch schon einen wesentlichen Unterschied zwischen der "östlichen" RTL1000 und der deutschen, noch östlicher gebauten, EXAKTA TWIN TL: man kann sie beide links oder rechts auslösen, besonders die eine." Seine Benotung schließt mit der Note 4 für beide Kameras: "Geschenkt würde ich sie beide in meiner Sammlung als Warnung dafür aufstellen, was Politik doch alles zerstören kann." No comment!



Topansichten von EXAKTA TL500 und TL1000. Einen Unterschied finden Sie lediglich im Verschlusszeitenknopf, der bei der TL1000 (rechtes Bild) bis 1/1000s reicht. 



Die Kamera entspricht weitestgehend dem Modell TL1000, hat jedoch ein schwarzlackiertes Messinggehäuse. Auch technisch hat sie ein wenig mehr zu bieten - im Sucher ist eine mit dem Belichtungsmesser abgestimmte Blendenskala sichtbar. Mit dem EE-Objektiv ist sogar die Auslösung mit Blendenautomatik möglich, die Belichtungsmessung selbst muss jedoch nach wie vor bei Arbeitsblende erfolgen (per Abblendtaste). Die FE2000 ist die allerletzte Exakta im Vertrieb der Ihagee WEST. Standardobjektiv war das EXAKTAR EE 1:1,8/50 mm.

Die EDX-3 ist baugleich mit der Topcon RE 300 (klassisches Exakta Bajonett) und RM 300 (Pentax-K-Bajonett). Von der EDX 2/RE 200 unterschied sie sich durch eine Suchereinstellscheibe mit Schnittbild sowie die Schnittstelle für Motorantrieb. 



Zu diesem Modell war auch ein Motorwinder lieferbar (Foto rechts und unten. Die HS-3 dürfte damit wohl die einzige Exakta mit Motoranschluss sein.
Das Foto rechts zeigt eine Exakta HS-3, diesmal mit normal-schwarzer Belederung und einem angesetztem Motorwinder. Das im Foto montierte Ricoh-Objektiv arbeitet in der "P"-Blendenposition mit der Blendenautomatik der Kameras zusammen. Diese entspricht der auch bei einigen Minolta-Modellen üblichen Blendenautomatik-Einstellung.


Unschwer ist bei dieser Kamera die Verwandschaft zur Minolta X-300 (rechtes Foto) erkennbar. Minolta ließ die X-300 in Shanghai bei Seagull bauen und lizenzierte auch eine Seagull-Variante, die DF-300. Eine leicht abgewandelte Version im schwarzen Gehäuse gab es auch als DF-300x (s. EXAKTA HS-40 oben).
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